Es stimmt, was die Leute sagen - das Leben ist ungerecht, vor allem zu Dir. Und ich kann Dir nur einen Trost bieten: Was Du in all dem Leid und der Einsamkeit zustande bringst, wird Deine Verzweiflung und unsere Grausamkeit bei weitem überdauern.[...]So gesehen, werden wir auf lange Sicht alle gewinnen. Und deshalb entschuldige ich mich im Namen aller, denen Du jemals begegnen wirst, im voraus für allen Kummer, den wir Dir bereiten werde. Dir stehen harte Zeiten bevor, Kleiner. Du bist gewarnt.

Mittwoch, 10. Februar 2010

? und Zeit

Man müsste sich einschließen. ("Man" meint hier "ich".) Einfach mal die Zeit anhalten für ein halbes Jahr und sich zuhause einschließen und Bücher lesen. Man kommt ja zu nichts mehr. Und selbst wenn man sich Zeit nimmt, einfach das zu tun, was man möchte, kann man es nicht, weil man ein schlechtes Gewissen bekommt. Dafür, dass man tut, was einem gefällt. Etwas liest, nicht mal etwas besonders Dummes. Nur etwas, das einen nicht weiter bringt. Beruflich sozusagen. Es wird sich nicht auf meinen Kontostand oder sonst irgendwelche Stände, z.B. den der Dinge, ausüben, ob man nun etwas getan hat, was einem gefällt, etwa ein Buch gelesen hat, oder nicht. Die Zeit wird verschwendet. Es macht keinen Sinn. Im kapitalistischen Sinn. Aber sehr wenig macht Sinn; man denke hier allein an die menschliche Existenz ("Man" meint hier "wir").
"Aber ich kann mich auch nicht mehr so konzentrieren," musste ich heute an einer Kreuzung stehend feststellen. Dabei machte ich hektische Handbewegungen, die flackernde Schnelllebigkeit signalisieren sollten. "Das einzige Buch, das ich noch lesen kann, ist Facebook."
Und dann heute Nacht konnte ich nicht einschlafen. Das bedeutet, ich lag über 15 Minuten wach und habe mit meinem Leben gehadert. Länger als 15 Minuten halte ich es nicht aus, wach zu sein, wenn ich eigentlich schlafen will. Dann werde ich ungeduldig und grüble über den Grund meiner Schlaflosigkeit, was eine vollkommene Zeitverschwendung ist. Besser etwas lesen. Schlafscheitern als Chance, endlich etwas zu tun, was keinen Sinn hat und sich dabei nicht übel zu fühlen.
Vor drei Monaten habe ich Frédéric Beigbeders Der romantische Egoist gekauft, seither habe ich kein einziges mal reingeguckt. Bis heut Nacht. Und es scheint mir genau das Buch zu sein, das für meinen Zustand (You know, i have this condition.) am Besten geeignet ist. Als Tagebuch angelegt liest sich der Roman wie eine Mischung aus Blog und Twitter, nur besser (mit Ausnahme meiner eigenen Ergüsse): kurze bis mittellange Einträge, in denen der Erzähler Oscar mal mehr, mal weniger inhaltsvoll und mal mehr und mal weniger pointenhaft, teils pornöse, teils melancholisch-romantische Ansichten, Erlebnisse, Gedanken kundtut.
Ich finde es unheimlich entspannend, mal nicht an einem Buch mitzuschreiben und trotzdem gut amüsiert zu sein. Passivität macht halt nur Spaß, wenn man leicht unterlegen ist.

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