Bekanntermaßen bin ich kein großer Fan der Person/Persona Jochen Schmidt, aber so gern ich auch möchte, gegen seine Texte kann ich nichts sagen. Die sind meist gut, auch wenn Jochen live immer am lautesten über seine Witze lacht und schon vor der Pointe anfängt zu kichern, als wolle er uns andeuten, dass wir uns schon mal darauf einstellen sollten, dass es jetzt lustig wird.
In meiner lächerlich schlaflosen Nacht gestern habe ich dann nicht schlecht gestaunt und anfänglich gehämt, dass Jochen Schmidt jetzt also einen Artikel für die Amica geschrieben hat. Aber auch hier steckt viel Wahres in seinen Worten, die in vielleicht ein bisschen verwirrteren und unzusammenhängenderen Sätzen vom Mann-sein (na gut, davon weiß ich nun nichts - so gar nichts) und von der Beziehung zwischen den Geschlechtern erzählen. Mystifizierung der Frau und unmotivierte Erwähnung des Mauerfalls dürfen natürlich nicht fehlen. Wir reden ja immer noch von Amica und von Jochen Schmidt. Zu guter letzt kann ich nur schlussfolgern, dass Männer und Frauen nicht so unterschiedlich sind, wie Mario Barth es dem geistigen Prekariat weismachen will. Selbst wenn Jochen natürlich nicht für alle Männer spricht, sein "wir" immer nur als "ich" gelesen werden kann. Ich glaube ganz fest daran, dass Männer und Frauen sich doch auf irgendeinem Level verstehen, auch wenn es definitiv nicht die Ebene der verbalen Kommunikation ist.
"[...]Unsere Flirtstrategie war immer abseits des Trubels zu sitzen und traurig zu gucken, weil dann jede sehen konnte, wie tief wir waren und wie glücklich sie uns und damit auch sich machen würde. Sind wir deshalb nie angesprochen worden? Lange haben wir uns von der Behauptung täuschen lassen, Frauen wünschten einen Mann mit Humor, was aber nur galt, bis wir das erste Mal über sie lachten. Wir hätten gern Sex ohne Gefühle, wie die Frauen in Sex and the City, aber wir haben Gefühle ohne Sex.
Wir sind überall von Männern umgeben, die Frauen sind immer woanders. Seit unserer Kindheit sehen wir sie in bunten Kleidern am Horizont vorüberhuschen, nie haben wir uns gefragt, wohin sie gingen, wenn wir nachmittagelang Fußball spielten. Wir fühlen uns immer noch am wohlsten, wenn wir das tun. Vor allem danach in der Kneipe, wenn wir uns von Frauen erzählen, die wir mit einem Betäubungspfeil erlegen müssten, um ihnen einmal näherzukommen; wenn wir uns das Sorgerecht erklären und denjenigen Trost spenden, die zuletzt verlassen worden sind. Man muss sich treu bleiben, dann kommt schon die Richtige, sagen wir uns, oder sollten wir an uns arbeiten und einen Hornhauthobel anschaffen? Inzwischen vergeht die Zeit. Wir werden schon nostalgisch, wenn das Landbrot plötzlich 1,89 Euro kostet, weil uns diese Zahl an den Mauerfall erinnert, der uns damals gar nicht interessierte, weil wir verliebt waren.
Wir verlieben uns immer in die Falsche und meistens unter Niveau. Aber gibt es eine schlechte Wahl in der Liebe, oder muss nicht immer schlecht gewählt werden, um zu lieben? Es unterfordert uns doch, wenn sie nicht so kompliziert sind wie wir. Wir bilden uns nämlich ein, sie besänftigen zu können, indem wir zu ihnen sprechen wie der Pferdeflüsterer. Aber man kann die Welt nicht ändern. Oder die Welt vielleicht, aber keine Frau. Deshalb werden wir immer der bleiben, den man fragt, ob er mal rückt.
Unser größtes Talent ist, ein guter Nachbar zu sein, aber davon kann man nicht leben. Wir haben ein gestörtes Verhältnis zu Tätigkeiten, die nicht unserer Vervollkommnung diesnen. Wenigstens im Beruf wollen wir uns nicht verbiegen, wir überlegen, ob es Prostitution wäre, für eine Frauenzeitschrift zu schreiben. Frauen loben uns, weil wir so authentisch sind, bevor sie uns bitten, ihr Glas zu halten, weil sie sich in die Arme des Nächsten stürzen, der sie ausnutzen wird. Im Kino verdecken sie uns dann die Sicht, wenn sie ihren neuen Freund küssen.
Wir hängen immer noch dem Irrtum an, Frauen, die uns abweisen, hätten uns durchschaut, und Frauen, die uns wollen, hätten uns missverstanden. Wir haben alles getan, ihr zu gefallen, und dann hat sie uns gesagt, dass wir irgendwie zu perfekt waren!" (Amica, August 2008)
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